Berlin-Marathon 2008http://www.launer-reisen.de/images/reisebilder/galerie/deutschland/berlin/marathon/logo_320.gif

 

 

Mit dem Berlin-Marathon fehlte noch ein ein Highlight in meiner Läuferkarriere. Georg brachte mich bei einem unserer sonntäglichen Winterläufe auf die Idee, in diesem Jahr in der Hauptstadt an den Start zu gehen. Es sollte eine Zeit unter 3:30 h werden.

 

Mitte Juli begann ich mit dem Training. Dieters 3:30 h Plan warf ich jedoch schnell über den Haufen, da er viel zu viel Zeit in Anspruch nahm und ziemlich anstrengend war. Nach einem harten Arbeitstag bevorzuge ich entspannte 10 km Läufe. Die 8 Jasso-Einheiten, die ich einsam auf dem neu asphaltierten Hatter Weg absolvierte, kosteten mich zunehmend große Überwindung.

Durch die Vorbereitungen auf unseren Frauenlauf im September verging die Zeit im Fluge. Leider fing ich mir 12 Tage vor der Start noch eine Virusgrippe ein, durch die ich gezwungen war, mein Training zu unterbrechen. Zwei kurze Läufe (7 km) in den Pfälzer Weinbergen waren alles, was in den 2 Wochen vor Berlin absolviert hatte.

 

Mit dem Flieger reiste ich direkt aus der Pfalz nach Berlin. Neben mir saßen zwei Italiener, die ebenfalls zum Marathon unterwegs waren. An meinem Schuhwerk mit Champion-Chip erkannten sie mich sofort als Läuferin. (Wer nach einem Flug einmal vergeblich am Gepäckband gewartet hat, trägt ab diesem Zeitpunkt alles Wichtige am Leibe.) Wir hatten reichlich Gesprächsstoff, so dass sich die Anreise sehr kurzweilig gestaltete.

In Tegel gelandet musste ich mich erst einmal zur Marathon-Messe durchschlagen. Trotz insgesamt 60.000 Teilnehmer wusste man in der Information der Berliner Verkehrsbetriebe nicht, wo die Marathonmesse stattfindet. Das ist eben Großstadt! Mit Bus und Bahn erreichte ich die in der Ausschreibung angegebene Haltestelle. Von dort war es aber noch mindestens 1 km Fußmarsch. Hunderte Sportler kamen mir bereits entgegen. Auf der Suche nach der Startunterlagen-Ausgabe irrte ich über die riesige Marathonmesse. Nach einer Stunde hatte ich Startnummer und Souvenirs und konnte zu meinem Hotel in Charlottenburg aufbrechen. Inzwischen war es schon 17 Uhr. Seit dem Frühstück hatte ich nichts gegessen und wenig getrunken. Schnell eingecheckt, schnappte ich mir meine glutenfreien Nudeln und ging zum Italiener nebenan. Die guckten erstaunt, als ich sie bat, meine mitgebrachten Nudeln zu kochen. Nachdem ich sie aber über meine Glutenunverträglichkeit und die Notwendigkeit nach Kohlenhydrataufnahme angesichts des bevorstehenden Marathons aufgeklärt hatte, zögerten sie nicht und servierten mir eine Riesen-Portion Nudeln mit Tomatensauce.

Abends im Zimmer legte ich noch meine Laufkleidung zurecht und plante meine 5 km Zwischenzeiten für eine Endzeit von 3:35 h.

 

Am nächsten Morgen um 7:30 Uhr brach ich zum Start auf. Am Bahnhof Zoo war die Lage noch überschaubar, als ich aber am Hauptbahnhof ankam, sah ich nur noch eine riesige Menschenmenge. Ich reihte mich ein in die Karawane und kämpfte mich bis in den für die Läufer abgesperrten Startbereich vor. Es waren nur knapp 10°C aber ein strahlend blauer Himmel – das perfekte Marathon-Wetter. Als ich die Schlangen vor den Dixi-Klos sah, meldete sich sofort meine Blase. Ich reihte mich also ein und verlor dadurch ganze 30 Minuten. So war es dann bereits 8:50 Uhr als ich noch meinen Kleidersack abgeben und den Startbereich aufsuchen musste. Als der erste Startschuss fiel steckte ich irgendwo im Tiergarten in einer Menschenmenge fest. Unerwartet rasch löste sich dieses Chaos auf, nachdem einige Läufer geschafft hatten, die Sperrgitter auseinander zu ziehen. Durch die Zuschauermenge gezwängt (was haben die eigentlich vor der Startlinie zu suchen???) und über die Werbebande geklettert stand um 9:10 Uhr endlich auf der Strecke. Mit dem nächsten Startschuss ging es dann los in Richtung Startlinie. Auf der Straße des 17. Juni erreichten wir schnell die Siegessäule. Von der ganzen Aufregung drückte bereits hier wieder meine Blase. Ich kämpfte durch die Massen an die Seite und verschwand kurz ins Gebüsch des Tiergartens – wer weiß denn, ob es im weiteren Verlauf der Strecke noch so günstige Gelegenheiten gibt. Am Ernst-Reuter-Platz sah ich ein Banner des Evangelischen Krankenhauses Oldenburg – offensichtlich waren hier noch mehr Läufer aus der Heimat unterwegs.

Bereits nach 5 km war ich von meinem Ziel, eine 3:35 h zu laufen, schon 3 min entfernt. Ich versuchte zwar trotz der Menschenmassen schnell voranzukommen – doch es lagen noch 37 km vor mir und ich konnte nicht jetzt schon alles geben. Bei 10 km sah ich 200 m vor mir den Pacemaker für 3:45 h. Es sollte eben heute keine Bestzeit werden – einfach zu voll war es auf der Strecke. Auch an den Verpflegungsstellen war so ein Gedränge, dass ich jedes Mal meinen Laufrhythmus unterbrechen musste, um ein Getränk zu ergattern. Ich beschloss also, erst einmal in der Nähe des Pacemakers zu bleiben und nach der halben Distanz noch einmal zu schauen, ob ich das Tempo noch forcieren könnte. Bei 1:50 h überquerte ich die Halbmarathon-Markierung. Es war also noch möglich, meine Bestzeit von 3:39:17 h (Hannover) zu unterbieten. Getragen von den unglaublich zahlreichen Zuschauern an der Strecke kämpfte ich mich weiter durch das dichte Läuferfeld. Einen Blick für die Stadt hatte ich nicht, da ich konzentriert auf die Läufer vor mir zu achten hatten, um niemandem in die Hacken zu treten. Das Gedränge an den Versorgungsständen nahm nicht ab, da diese im 2. Streckenabschnitt nur noch auf einer Seite aufgebaut waren. Es folgten noch ein paar Highlights wie der Wilde Eber und der Kurfürstendamm, wo richtig Party-Stimmung herrschte. Bei km 38 spürte ich meine Waden schmerzen – jetzt bloß nicht mehr stoppen oder beschleunigen, dachte ich und wünschte mir sehnlichst die Prachtstraße „Unter den Linden“ herbei. Immer wieder ging es um die Ecke, doch dann sah ich endlich in der Ferne das Brandenburger Tor. Meter um Meter kämpfte ich mich voran, bis ich dieses symbolträchtige Bauwerk erreichte. Ein unbeschreibliches Gefühl überkam mich, als ich das Brandenburger Tor passierte. Das Zielbanner vor Augen ließ mich alle Anstrengung und Schmerzen  vergessen. Die letzten Meter vorbei an den Zuschauertribünen und dann war es geschafft. 3 h 35 min 23 s - neue Bestzeit - Bei strahlend blauem Himmel nahm ich im Ziel glücklich meine Medaille in Empfang. Nach einer wohlverdienten warmen (!) Dusche verbrachte ich den Nachmittag zufrieden auf der Wiese vor dem Reichstag in der inzwischen warmen Herbstsonne.

 

Angelika Carl 

Aktualisiert (Mittwoch, den 06. Januar 2010 um 13:09 Uhr)